Volkstrauertag 2020 im Park

 
Liebe Gemeinde am Volkstrauertag,
 
Seit dem Zweiten Weltkrieg hat es überall auf der Welt weitergebrodelt - viele Menschen mußten ihr Leben lassen im Kampf, an den Folgen des Kampfs ,
Vergiftungen aller Art,
der Mensch schreckt vor nichts mehr zurück.
Wir beobachten zugleich:
Je länger der zweite Weltkrieg zurückliegt,
umso mehr Details kommen an die Oberfläche.
 
Die Namen aller Firmen können wir in den Zeitungen nachlesen
 
Ich maße mir kein Urteil darüber an, zu behaupten,
woran das liegt, liebe Gemeinde.
Aber ich glaube,
es ist nicht in erster Linie eine Reaktion derer,
die damals alles miterlebt und erlitten haben,
sondern es ist wie ein Signal der Unsicherheit,
das die nachfolgende Generation sendet:
Wie gehen wir mit dieser Last um?
 
Ich habe ganz vorn in der Bibel nachgeschaut.
Zum Nachdenken über diesen Tag ,
über uns und über das, was hinter uns liegt,
kam ich durch das,
was Abraham und seinen Bruder Lot bedrückte.
 
 
Abraham zog mit Frau und Lot mit Frau und Kindern von Ägypten herauf ins Südland Israel.
Die beiden hatten große Herden,
und irgendwann war es soweit,
daß die Herden zu groß waren, und ihnen die Futterplätze nicht mehr ausreichten.
Das Land gab nicht genug dafür her,
um miteinander dort zu leben.
Sie können sich vorstellen, was da los war:
Neid, Zank ums Wasser, ums Gras, ums Futter,
um alles, Streit und Neid unter den Frauen der beiden,
denn Abraham und Sara hatten ja noch keine Kinder.
 
Da sagte Abraham zu Lot:
Laß doch nicht ständig Zank und Zorn unter uns
und unter unseren Hirten und unseren Frauen sein,
denn wir sind doch Brüder.
Ich glaube, es ist besser, wir trennen uns.
 
Frieden stiften durch Trennung?
Wir wissen längst, daß,
wer Streithähne auseinanderreißt,
noch lange keinen Frieden stiftet.
Die Fäuste gehen dann zwar nicht mehr aufeinander los,
aber sie bleiben geballt.
Und: zerstrittenen Brüder werden schnell verfluchte Brüder.
 
Wir wissen auch, daß diese Entscheidung von Abraham nicht nur gut ausging:
Lot hat vieles einstecken müssen, er hat viel verloren: Seine Frau, alles, was er sich aufgebaut hatte:
seine Herden, seine Immobilien, seine Leute.
 
Eine Entscheidung ist und bleibt keine Garantie dafür, daß alles gut weitergeht.
Aber immerhin: Abraham hat mit seinem Vorschlag damals, in der Sistaution, die nicht mehr auszuhalten war,
allen Beteiligten weitergeholfen, denn er hat mit seinem Vorschlag, sich zu trennen, ein Ventil betätigt:
Das heißt noch lange nicht, daß jede Idee, um einen Konflikt zu lösen , in der Trennung liegt, das wäre Unsinn.
Aber Abraham konnte es verhindern,
daß sich damals, als es unter den Brüdern brannte,
eben keine weiteren Spannungen aufbauten,
die zu einem Krieg oder zu einem noch schlimmeren Ende geführt hätten.
 
Abraham hat aus einem potentiellen Konfliktherd die Luft rausgelassen.
 
Da hatte Abrahem ein gutes Händchen.
 
Das wünsche ich mir für uns: Ein gutes Händchen
-in unseren Regierungen in Stadt und Land,
-in unseren Vereinen und Arbeitsfeldern
-und ganz besonders in der kleinsten aller menschlichen Gemeinschaften:
in unseren Ehen.
Daß wir die Spannungen nie aufstauen,
sondern aufgreifen,
dann bleibt uns bestimmt so manche Trennung und manches Leid erspart.