Predigt für den 6. Februar 2022

Petrus, Jesus und der See                                                                  Rodheim, 6. Februar 2022

 

„Fahrt schon mal los! Ich muss jetzt erst einmal für mich alleine sein.“ „Fünftausend Menschen, alle sind satt geworden, und wir hatten auch noch genug übrig, ganze zwölf Körbe, voll mit Brot.“ Da muss man erst mal Pause machen. Jesus ging etwas höher in die Berge und blieb dort allein. Die fünftausend Leute waren alle nach Hause gegangen.

Die Jünger waren inzwischen draußen auf dem See. Auf einmal machten ihnen die Wellen ganz schön zu schaffen, denn der Wind blies ihnen direkt von vorn ins Gesicht.

Während der vierten Nachtwache machte sich Jesus auf den Weg und lief den Jüngern auf dem Wasser entgegen. Als die Jünger ihn auf dem See gehen sahen, bekamen sie es heftig mit der Angst zu tun und schrien Los: „Hilfe, da ist ein Gespenst!“ Aber Jesus rief ihnen zu: „Fürchtet euch nicht! Ich bin´s. Ihr braucht keine Angst zu haben.

Petrus war der erste von allen, der überhaupt etwas sagte: „Also, wenn du es bist, dann gib mir den Befehl, dass ich auf dem Wasser zu dir komme.“ Gesagt, getan. „Komm her!“, sagte Jesus, und Petrus kletterte aus dem Boot und lief auf dem Wasser in Richtung Jesus.

Auf einmal merkte Petrus, wie heftig der Wind um ihn wehte und da bekam er es so mit der Angst zu tun, dass er im Wasser versank und schrie: „Rette mich!“ Jesus streckte ihm gleich die Hand entgegen und zog ihn wieder aus dem Wasser. „Du hast zu wenig Vertrauen“, sagte er zu Petrus. „Wozu der Zweifel?“ Sie gingen beide zurück ins Boot und im selben Moment hörte der Wind auf. Die anderen Jünger fielen im Boot alle auf die Knie und sagten:

„Du bist wirklich der Sohn Gottes!“

Das könnte es gewesen sein. Jedenfalls ist es genauso alt wie das Boot aus der Bibel.

Da ist also schon vor 2000 Jahren das erste Kirchenschiff ins Schlingern geraten! Die Jünger schrien ja erst, als sie meinten, sie würden Gespenster sehen.

Hm. Heute bitte keine Diskussion über den Zustand der Kirche.

Jesus wollte erst mal seine Ruhe, aber er ahnt, dass sich schon wieder etwas zusammenbraut. Mit Sicherheit hat er den Sturmwind gespürt, der von Norden über die Berge des Libanon runterfegt bis zum See. Und dieser Wind macht eben aus dem lieblichen See einen Ozean  voller Todesangst.

In der Nacht die oft als Zeichen der Gottesferne genannt wird, erscheint Gott, wie an Weihnachten oder wie vor dem Auszug aus Ägypten ( 2. Buch Mose 12 ), und mancher Sturm ist nicht nach einmal darüber schlafen vorbei. Das sind ur-menschliche Erfahrungen: vor dem Abgrund stehen, verzweifelt sein, Vertrauen haben, gerettet werden.

„Siehst du, Petrus? Es ging doch!“

Nein. So nicht.

„Du bist nicht über dich hinausgewachsen. Du bist nicht übermütig geworden.

Dir, dem scheinbar Glaubensstarken, dir ist es schwarz um die Augen geworden. Warum?

Ich versuche, es dir zu sagen: Weil du mich provoziert hast. Ich könnte auch sagen, dass du mich erpresst hat – oder dass du es wenigstens versuchen wolltest.“

Petrus verstand überhaupt nichts. Nicht nur, weil er noch Seetang in den Ohren hatte.

„Du hast gesagt: „Wenn du es bist, dann gib mir den Befehl und ich komme sofort auf dem Wasser zu dir.

Du hast nach Sicherheit verlangt und damit deine eigene Verantwortung abgeben wollen.

So etwas lasse ich mir nicht in die Schuhe schieben, auch, wenn ich gerade keine anhabe.

Du warst doch gar nicht mehr weit weg von mir. Ich musste dir nur noch die Hand reichen.“

Wenn das Vertrauen schwindet, ist das der größte Nährboden für die Ängste.

Wenn das Vertrauen in die Religion schwindet, wachsen die Ängste.

Wenn das Vertrauen in die Politiker schwindet, wachsen die Ängste.

Je mehr der Bezug zur Religion verlorengeht, umso unfähiger werden die Menschen, mit Vertrauen in eine andere Dimension, in einen anderen Geist, zu leben.

Die Angst prägt natürlich unseren gesellschaftlichen Zustand, und wie sehr bei unserem Zustand der Boden wankt, das spüren wir in jeder Nachrichtensendung.

Wie ist das mit dem Glauben, der uns trägt, selbst wenn der Boden unter unseren Füßen wankt?

Stichwort: Füße. 😊

Wenn die Kinder laufen lernen, sind sie ganz schön am Wackeln. Und dann bekommen sie so allmählich ein Füßchen vor das andere. Aber wenn dann die Mama oder der Papa oder die Oma oder der Opa so ein paar Schritte vor dem Kindchen stehen und die Arme offenhalten, dann rast das Kind förmlich in die Arme von Papa, Mama, Opa oder Oma. Weil das Kind Vertrauen hat.

Vertrauen ist: Zu erfahren, dass es nicht wegflutscht, sondern dass es einen trägt.

Am See Genezareth, nach dem Sturm…und 2000 Jahre später…