Predigt für den 5. April 2020

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Johannes 17, 1 - 8
Palmsonntag                           Rodheim 5.3.2020
 
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus, amen
 
Zweimal im Jahr hören wir die Geschichte, als Jesus in Jerusalem eingezogen ist: Am dritten Advent, als Vorankündigung: „Siehe, der Herr kommt gewaltig!“,
und heute. Dann kommt die Karwoche.
 
In Israel war damals Passafest. Feier und Trubel pur. Mitten in diesem Trubel ging nicht nur einer nach Jerusalem, sondern eher fast alle, die hinwollten. Wie soll dabei einer so aufgefallen sein, wie es in der Bibel steht? Die Leute waren doch viel zu sehr am Feiern!
Ich glaube, Johannes wollte dem Jesus für die Zeit, in der er noch lebte, einmal so einen richtig schönen Auftritt verpassen, wie er es ihm eigentlich im Leben gewünscht hätte. Johannes wusste, dass viele, als Jesus lebte, das Messer gegen ihn gezückt hielten, aber es nicht tun konnten.
 
Der Predigttext spielt kurz vor Jesu Verhaftung.
 
Johannes 17, 1 - 8
1 Solches redete Jesus und hob seine Augen auf zum Himmel und sprach: Vater, die Stunde ist gekommen: Verherrliche deinen Sohn, auf dass der Sohn dich verherrliche;
2 So wie du ihm Macht gegeben hast über alle Menschen, auf dass er ihnen alles gebe, was du ihm gegeben hast: das ewige Leben.
3 Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.
4 Ich habe dich verherrlicht auf Erden und das Werk vollendet, das du mir gegeben hast, damit ich es tue.
5 Und nun, Vater, verherrliche du mich bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.
6 Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie waren dein, und du hast sie mir gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt.
7 Nun wissen sie, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir kommt.
8 Denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, und sie haben sie angenommen und wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie glauben, dass du mich gesandt hast.
 
Sehr friedlich klingt das. Johannes schreibt, trotz aller Grausamkeit, die geschehen war, als hätte einen Weichzeichner benutzt. Erniedrigung wird zu Erhöhung.
Der Leidensweg wird zu einem Weg, auf dem alles verherrlicht wird. Jedenfalls viel davon. Keine Klagen. Nur: „Es ist vollbracht.“
Der Evangelist Johannes macht aus der Leidensgeschichte eher so etwas wie einen Triumphzug von dem, der von Gott in diese Welt gesandt worden ist, damit alle, die an ihn glauben, nicht verlorengehen, sondern das Ewige Leben haben.
Jesus ist diesem Auftrag immer treu geblieben. Also konnte er getrost sagen:“Es ist vollbracht.“
 
Wenn das eigene Leben auf der Kippe steht und jemand in diesem Moment nicht mit Angst, sondern ganz anders reagiert, sind wir beeindruckt. Sogar fasziniert.
 
Eine solche Szene ist über Karl Barth, führender Theologe im 20. Jahrhundert, aufgeschrieben:
 
Im Jahre 1940. Barth: „Ja, da draußen auf dem Schlachtfeld von St. Jakob haben wir exerziert. Da kam ein Mann mit viel Gold am Kopf zu uns und hat uns die Situation erklärt. Für uns lief es darauf hinaus: ‘Die Armee zieht sich über den Jura zurück ins Réduit, ihr bleibt hier und bekämpft den anmarschierenden Hitler mit seinen Regimentern und Bataillonen.’ [Darauf] setzte er sich in ein Auto und [fuhr] weg. Da haben meine Kameraden mich gefragt: ‘Du Karl’ (wir haben alle einander Du gesagt), du Karl, was wird aus uns?’ Da habe ich gesagt: ‘Ja, nichts Schönes! Sie werden uns [, die wir nur] mit unseren alten Gewehren [ausgerüstet sind,] hinmachen.’ Nicht wahr, wir hatten noch die alten Gewehre [aus dem 1. Weltkrieg]. Da haben sie etwas traurige Gesichter gemacht und ihren nahen Tod vorausgesehen. [Daraufhin] habe ich gesagt: ‘Seid fröhlich und getrost! Hier an dieser Stelle haben die alten Eidgenossen gekämpft; und seit 400 Jahren wird hier alle fünf Jahre ein Fest gefeiert’ (dann kommen die Basler heraus, essen Würste und trinken Bier zu Ehren dieser Gefallenen von1444), ‘und in den nächsten 400 Jahren wird man dieses Bier auf unser Wohl trinken!’ Das war alles, [was ich sagte]. Da haben sie gelacht, und damit war der Schrecken weg.“
 
Das klingt nach einer Mischung zwischen Galgenhumor, Gottvertrauen und –
Mut?
 
Ich weiß es manchmal nicht. Was Jesus dachte, als er nach Jerusalem kam, weiß niemand. Nicht einmal seine Jünger.
 
Die Rockoper „Jesus Christ, Superstar“, kennen viele. Vor ein paar Jahren hatte ich eine Fassung in Bad Vilbel gesehen. Ich hatte lange gebraucht, bis ich begriffen hatte, wer eigentlich die waren, die eigentlich oft auf der Bühne waren, aber nie so recht was gemacht haben:
Sie hatten Kapuzenjacken an, die Kapuze tief im Gesicht hängen, Hände in den Hosentaschen, schlurfend, mit den Schulter zuckend:
Das waren die Jünger.
Da stand Jesus, umgeben von hoffnungslosen Gestalten.
Sie hatten alles mit ihm erlebt.
Und die anderen waren am Feiern: Passa!. Ja! Wir sind dem Tod damals in Ägypten von der Schippe gesprungen! Wir konnten in ein neues Leben gehen!“
 
Und Jesus sagt zu Gott: Ich habe dich auf der Erde von deiner schönsten Seite gezeigt. Mehr ging nicht. Ich habe alles gegeben. Nimm mich wieder zurück. Meinen Segen haben sie. Unseren Geist werden sie noch bekommen. Ich glaube, sie brauchen noch viel Zeit.
 
 
Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, amen.