Predigt für den 30. August 2020


 
Apostelgeschichte 9 1 – 20 Vom Saulus zum Paulus
 
Viele Geschichten in der Bibel klingen nach einer Erfolgsstory: Da klappt einfach alles. In der Apostelgeschichte zum Beispiel wird beschrieben, wie es mit der neuen, christlichen Kirche alles anfing, wie es immer mehr wurden: Mit viel Begeisterung, auch mit einigen Wundern, es lieb nur gut.
Heute erzähle ich, wie sich ein Mensch von Grund auf gewandelt hat. Wie aus dem Saulus ein Paulus wurde, wie kennen es noch als Sprichwort.
 
Die Geshcchte heißt: Die Bekehrung des Paulus.
In frommen Kreisen haben viele Menschen auch eine Bekehrung. Da gab es als einganz besonderes Ereignis, und durch dieses Ereignis sind diese Menschen „zum Glauben gekommen“.
 
 
Lesen oder erzählen: Apg 9, 1 - 20
 
Das war also Paulus, der jüdische Fundamentalist. Kurz vorher konnte er sich gar nicht dran satt sehen, als der Stephanus gesteinigt wurde.
 
Da ist einer, der mit Gewalt die Menschen zu seinem Glauben bringt. Und jetzt? Anstatt dass der jüdische Fundamentalist die Ungläubigen gefesselt nach Jerusalem führt = Hinrichtung,
da zieht es ihm die Füße weg
und er muss von seinen Begleitern an die Hand genommen werden.
Und schon wieder ein Sprichwort, das aus der Bibel kommt: Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen
Auf einmal hatte Paulus erkannt: Ja, ich habe mich verrannt.
Ich bin von mir abhanden gekommen.
Ich habe meine Identität verloren, ich habe alles aufgegeben, wofür ich bis jetzt eingestanden bin.
 
Ich habe die Zügel
nicht mehr in der Hand. Ich muss mir sagen lassen, was ich tun soll: Steh auf und geh in die Stadt. Dort wird man dir schon sagen, was du tun sollst.“
 
( wie die dappigen Jünger, denen Jesus gesagt hatte: Ihr geht jetzt mal in die Stadt und dort werdet ihreinen Esel finden, den bringt ihr mit…)
 
Wie kann jemand das alles an sich geschehen lassen?
Weil einen das, was es versprochen hat, nicht mehr das gibt, was es versprochen hat,
weil einen das
nicht mehr trägt.
Das ist schon
Unheimlich.
Aber es gehört ins Leben, diese Erfahrung.
Ein Anruf genügt, und ich kann alles, was ich mir für mein Leben vorgenommen habe,
nicht
zu einem Ende führen.
Was kann ich machen, wenn ich nichts mehr machen kann? Wenn der Lebensplan komplett durchkreuzt wird?
Wenn die ganzen Überzeugungen mit einem Mal hinfällig sind?
Lebensplan,
Überzeugen, Identität:
Was ist das schon?
 
Pläne, Ideologien, Regeln, Traditionen?
Das sind wir der Familie schuldig.
 
Ist das wirklich unser Lebensplan, unsere Identität?
 
Dein Vater war Lokführer, dein Großvater war Lokführer, dein Urgroßvater war Lokführer. Und du willst Schaffner werden?
Wie ist das, wenn man dann doch Lokführer geworden ist? Wie ist das irgendwann, wenn man sein Leben lang
„gegen seine eigenen Wünsche“ gelebt hat,
weil andere „Traditionen“ als vernünftig durchgesetzt wurden?
 
Die Einen halten es durch und es lässt sich ja irgendwie damit leben, dass man die Frau, die man „standesgemäß“ zu heiraten hatte,
nicht liebt,
aber ihr Geld
ist ja auch nicht schlecht
 
Es ist nicht einfach, auszusteigen, wenn man etwas nicht mehr erträgt, es ist nicht einfach, alles weiter mitzumachen, wenn man es nicht mehr erträgt, was einen eigentlich tragen sollte.
 
 
„Ich hab einen anderen Anbieter genommen!“, sagen wir und schon sind wir wieder zufrieden:
Mit unserer Stromrechnung, mit dem Telefon und was es noch so gibt.
 
Der Anbieter verändert ja nicht meine Beziehung zu meinem Telefon, in das ich schwätze oder zu meinem Strom, den ich verbrauche.
 
Ich glaube, solche Bekehrungserlebnisse gibt es für unser Leben nicht. Aber den Anbieter wechseln, um mit dem besser zu leben, wo wir drinstecken,
 
ich bin natürlich von der Geschichte hier mit dem Paulus ganz weggekommen, aber in der Geschichte hat einer dafür gesorgt, dass Paulus neuen Wind bekommt.
Den HeiligenGeist, und der ist nie aus.
 
Jeden Sonntag, bei jedem Gottesdienst legen wir ihm ein Gelübde ab: dem Heiligen Geist. Wir geloben ihm, ihn anzuerkennen, und er weht, wie er will, nicht um uns zu ärgern, sondern um uns zu überraschen, damit wir weitersehen und weitergehen.