„Quasimodogeniti“ 1. Sonntag nach Ostern 19. April 2020
Johannes 21,1-14
Wenn man lange, lange Zeit auf etwas Neues hingelebt hat, dafür alles Alte aufgegeben und alle alten freundschaftlichen und familiären Beziehungen hat sein lassen –
Wenn dann das Neue, worauf man hingelebt hat, einem entzogen wird, dreht man durch oder man wird still, oder man fängt wieder da an, wo man vor langer, langer Zeit alles aufgegeben hatte und versucht so zu tun, als sei in der langen, langen Zeit gar nichts passiert.
Natürlich macht man sich Gedanken. Denn es war ja ganz schön viel passiert. Das lässt sich nicht einfach verdrängen.
Man durchlebt das alles, wird auf einmal wach und bemerkt:
es ist immer noch nicht hell draußen.
Ja, im Nebel der Morgendämmerung passieren seltsame Dinge in uns. Gerade in der Dämmerung, wenn das Dunkle abgelöst wird, wo sich alles zwischen Nacht und Tag abspielt, kommt viel von dem ans Licht, was lange verborgen war: Wünsche und Ängste, Sorgen und gute Gedanken.
Ja, im Nebel der Morgendämmerung passierten noch mehr seltsame Dinge und sie sprechen uns an: Und wollten schon immer etwas bewirken, wenn wir diese Geschichten lesen oder hören.
Hören/Lesen Sie dazu aus dem Ende des Johannesevangeliums: PT Johannes 21,1-14
Die Jünger waren wieder an dem Ort, an dem alles anfing.
Von den Fischen hatte Jesus sie weggeholt, um sie zu Menschenfischern zu machen, aber jetzt stehen sie nach der langen Zeit, die sie mit Jesus umhergezogen waren, wieder dort, wie früher und flicken die Netze, schöpfen Wasser aus dem Boot,
binden es am Ufer an, trocknen die Netze, legen sie für den nächsten Fang bereit. Sie tun wieder das, was sie konnten.
Irgendworauf muss man sich ja verlassen, wenn die Hauptperson sich einfach so weg macht.
Sie wollten ihr Leben wieder in den Griff bekommen.
Wir haben uns immer gewundert, wenn unsere Kinder auf einmal wieder ihren Teddy geknuddelt hatten, obwohl sie ihn schon lange nicht mehr brauchten, aber es wurde uns klar: immer, wenn die Kinder sich so benommen hatten, passierte bald etwas Größeres, etwas anderes. Denn wenn sie dann den Teddy knuddelten machten sie sich für den nächsten Sprung zum Größerwerden startklar.
Einmal sagte ein Großer: „Ich nehme mir mal mein Fahrrad und komm heute Abend wieder.“ Manchmal müssen wir uns rausnehmen. Petrus hatte noch kein Fahrrad, Deswegen passte es besser zu ihm, wenn er sagte: Ich geh´ mal fischen. Denn das konnte er.
Ihm war es so egal, dass er sich, nur um sich abzulenken, wieder auf die schwankenden Planken seines Boots begab, die doch sein Leben waren. Manchmal ziehen sich Menschen zurück, weil sie gar nicht wissen wollen, wie es weitergehen soll.
Petrus und die anderen Jünger arbeiteten wieder, aber ohne Erfolg. Sie ahnten, dass sie irgendwie wieder von vorn
anfangen mussten – und zugleich blieb etwas von dieser ganzen Zeit mit Jesus doch mit ihnen wie in ihren Netzen
hängen: Wie hat das denn geschmeckt, so zu leben, als wäre Gottes Reich schon richtig da? Jesus hatte es doch gesagt. „Schaut nur, das Reich Gottes ist mitten unter Euch!
Die Jünger machten einfach weiter. Ob sie etwas ahnten?
Jesus stand schließlich schon einmal am Ufer des Sees. Aber nach alldem, was passiert war? Doch. Sie essen wieder zusammen! Nur noch einmal. So wie früher. Und es war schön. Nicht, weil der Fisch so gut geschmeckt hatte. Sondern weil die Gemeinschaft gut war, so wie damals: mit fünf Broten und zwei Fischen, das hatte gereicht und alle wurden satt und sie hatten noch reichlich über: es ging ihnen nichts aus. So sollte es jetzt wieder sein, nur unter verändertem Vorzeichen.
Vielleicht trägt dieses Erlebnis, diese Erfahrung sie jetzt weiter als beim ersten Mal, denn dieses Mal hatten sie ihn ja erkannt.
Und mit dem ungewöhnlichen Kopfsprung, den Petrus hier ins Wasser hinlegte, wollte er bestimmt noch etwas von früher bei Jesus wieder gutmachen. Er hatte sich ja oft genug blamiert. Gerade auf dem Wasser. Irgendwie lernte er noch schwimmen, nicht im Wasser, eher im richtigen Leben.