Predigt für den 20. Februar 2022

Hebräerbrief 4,12.13 Reihe II Rodheim, 20. Februar 2022

„Das Wort Gottes ist lebendig und wirksam. Es ist schärfer als jedes zweischneidige Messer und rinnt durch und durch. Es durchdringt Seele und Geist, Mark und Bein. Es urteilt über die Gedanken und die Einstellung des Herzens. Es urteilt über die Gedanken und die Einstellung des Herzens. Kein Geschöpf bleibt vor Gott verborgen. Nackt und bloß liegt alles vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft schuldig sind.“

„Das Tatmesser war an beiden Seiten scharf und hatte eine Breite von drei Zentimetern und eine Länge von circa 15 Zentimetern“, sagte die Pathologin zum Kommissar, als er am Tatort angekommen war.

Das war das Erste, was mir zu dem Bibeltext einfiel. Gemeinsam ist beiden: eine grausame Sache.

Es steht aber auch anders in der Bibel: Zum Beispiel in der Geschichte vom Sämann, der das Wort Gottes auf die vier verschiedenen Äcker aussät. Und da geht das Wort Gottes nicht durch Mark und Bein oder zerschneidet alles, obwohl es sich doch um dasselbe dreht!

Bei dem Gleichnis vom Sämann (es kommt dreimal im Neuen Testament vor!) geht das Wort Gottes eben einfach nicht auf, da kommt es nicht an. Weil die Erde gerade nicht die richtige ist. Soo viele Widersprüche in der Bibel! Aber durchhalten, nicht zweifeln an dem, was man nicht sieht, dss ist so widersprüchlich wie man sich über eine warme Gulaschsuppe freuen kann und das andere Mal geht die gleiche Gulaschsuppe überhaupt nicht an uns ran - kommt halt drauf an, ob es gerade heißer Sommer oder mitten im kalten Winter ist.

Klar ist: Ein scharfes Messer tut auf jeden Fall weh. Und das Sprichwort „da ging es mir wie durch Mark und Bein“ wird für uns ja erst richtig lebendig, wenn wir sehen und hören, wie unser Metzger die Kotellettstücke mit dem Beil auseinanderhackt.

Er muss es aber machen. Der Cut muss sein, damit wir etwas dafür haben.

Vor 2000 Jahren ging es natürlich nicht darum, wie man ans Grillfleisch fürs Wochenende kommt. Die hatten damals andere Sorgen. Sie hatten nämlich ihre Begeisterung verloren. Die Begeisterung für die neue Sache mit Jesus: Reli anders: Ohne die alten Vorschriften über Sabbat und Opfern im Tempel undundund…

Aber: Schaffen wir das? Immer mehr glaubten das nicht mehr. Klar. Das motiviert gerade nicht und niemand.

„Mensch Gott, weißt du denn nicht, wie schwierig wir es denn wegen dir hier haben?“

Da fällt dem Verfasser des Hebräerbriefs, der das alles hautnah miterlebt, nichts anderes ein, als darauf mit einer ganz alten Geschichte zu antworten:

Es war einmal vor vielen Jahren, da waren Eure Vorgänger auf einer ganz langen Wanderung und die wussten nur, dass diese Wanderung irgendwie gut ausgehen soll.

Viel mehr wussten sie nicht. Oft genug zweifelten sie daran und machten alles andere, als darauf zu hoffen.

Jede Woche, die ihr auf dieser Wüstenwanderung durchhaltet, schenkt euch einen Ruhetag. Um den Ruhetag zu erreichen, müsst ihr euch auch anstrengen.

Natürlich fällt es leichter, zu hoffen, wenn die Hoffnung sich einmal ausgezahlt hat, und Hoffnungslosigkeit lässt sich nicht einfach wegklicken, genauso wie Glauben nicht einfach machbar ist wie Kuchen backen: Milch, Zucker, Mehl, Butter, Eier, schön rühren und rein in den Ofen.

Die Hoffnung nicht verlieren, festhalten an dem, worauf man hofft, überzeugt sein von Dingen, die nicht sichtbar sind,

bei all dem ist das Bild vom Wort Gottes als zweischneidiges Messer, das durch Mark und Bein geht, gewiss kein Trost.

Und der Rest auf den ersten Blick auch nicht:

Urteilen und richten, Rechenschaft schuldig sein, ungeschützt offen liegen, das klingt nur wie lauter Drohungen.

Dabei ist der Richter nicht nur der, der Urteile fällt,

sondern auch der, der etwas richtet, also der etwas repariert, der etwas wieder ganz macht.

 

An diesem Jesus mit dem Schwert im Mund, musste Martin Luther jeden Tag auf seinem Schulweg vorbeigehen. Jesus als Richter, mit dem zweischneidigen Schwert, das durch Mark und Bein geht. So wurde im Mittelalter die Angst vor Gott geschürt, damit die Menschen klein werden und alles glauben, was „die Kirche“ sagt.