1. Korintherbrief Kapitel 1 13.2.2022
Da sitze ich nun mit meinem Händi und mache die Whats Apps auf. Ich sehe die vielen Namen von den Leuten, mit denen ich mir Whats Apps schicke. Bei jedem Namen ist ein kleines Bildchen zu sehen, bei manchen Namen auch keins.
Manchmal sind Tiere drauf, oder ein Bild aus dem Urlaub, ein Instrument, Blumen mit Topf, ein Kinderbild aus dem Sandkasten oderetwas ganz anderes oder einfach nur schöner Blödsinn.
Auf jeden Fall sind die Bilder meistens besonders ausgesucht, denn in jedem Bild geht es ja um jede, um jeden, die es da hineingestellt haben, ganz persönlich, und das in der Beziehung zu ganz vielen anderen.
Das da bin ich, oder wenigstens ein Teil von mir.
Ich stelle mich dar. Je nachdem wie wir es betonen wollen, könnte es auch heißen: Ich betreibe Selbstdarstellung. Oder ich setze mich in Szene. Ich will, dass Ihr mich so wahrnehmt. Vielleicht gerade jetzt umso mehr, weil wir uns ja „live“ wegen des Coronavirus gar nicht mehr so viel sehen können.
Das ist nichts Neues. Das war schon früher so.
Jeder Mensch will wahrgenommen werden. Das die anderen hinschauen, wer man ist und wie man ist.
In der Antike, also so ungefähr vor 2000 Jahren gab es dafür besondere Plätze in den Städten: die Agoras. Das waren gepflasterte Plätze mitten in der Stadt, wo die Leute einkaufen gingen und schwätzten, so wie wir heute. Auf diese Plätze konnten sich alle Leute hinstellen und ihren Status auspacken: Also sich darstellen, sich zeigen, um gesehen zu werden, um gehört zu werden, um gelobt zu werden. Und wer sich da so alles hinstelle: Wunderheiler, Lebenskünstler, Dummschwätzer, Kunstfurzer (belegt bei Augustin, Kirchenvater im 5. Jahrhundert), Philosophen.
Als der Apostel Paulus in Korinth war, hat er das miterlebt. Deswegen schrieb er der Kirchengemeinde von Korinth in einem Brief:
Wo sind denn die wortgewaltigen Redner unserer Zeit? Hat nicht Gott die Weisheit dieser Welt als Dummheit entlarvt? Die Weisheit Gottes zeigt sich nicht in dieser Welt. Denn die Welt hat ihn in ihrer Weisheit nicht erkannt. Deshalb hat Gott beschlossen, durch eine scheinbar unsinnige Sache alle zu retten, die an ihn glauben wollen. Die Juden wollen Zeichen sehen. Die Griechen suchen nach Weisheit. Wir verkündigen Christus, den Gekreuzigten. Das ärgert die Juden und für alle anderen Völker ist es reine Dummheit. Gott hat gerade das ausgewählt, was nicht zählt. So setzt er das außer Kraft, was zählt. Deshalb kann kein Mensch vor Gott stolz sein. Wer auf etwas stolz sein will, soll auf den Herrn stolz sein (=also auf den, der vor den vielen Menschen nichts gezählt hat).
Wenn Kinder sich loben, weil sie….den ersten Haufen ins Töpfchen gemacht haben, oder wenn sie alle Kekse aufgegessen haben oder wenn der Turm im Sandkasten schön hoch geworden ist, dann freuen sie sich nur darüber, was sie entdeckt haben oder was ihnen gelungen ist. Sie geben nicht damit an, dass sie besser sind als die anderen. Das lernen sie leider später oder hoffentlich lieber nicht.
Mit Selbstlob putzen sich viele, Donald Trumpp hat sich immer gerne selbst beklatscht, wenn er auftrat und er ist nicht er Einzige, dem das gefällt. Zu viel Selbstruhm tötet. Weil darin eine Steigerungslust liegt, die sich ins Unendliche steigert und dabei das Ende der Fahnenstange leugnet.
Die christliche Kirche, besonders die protestantische Kirche hat sich mit dem Wunsch auf Selbstruhm äußerst schwer getan, denn Eigenlob stinkt und widerspricht der protestantischen Bescheidenheit. Ich hatte einmal an der Treppe zu einer Predigtkanzel den Spruch gelesen: „ER muss wachsen, ich aber muss abnehmen!“
Wie dir´s und andern oft ergehe,
ihm ist wahrlich nicht verborgen;
er sieht und kennet aus der Höhe
der betrübten Herzen Sorgen.
Er zählt den Lauf der heißen ‚Tränen
Und fasst zusammen unser Sehnen.
Gib dich zufrieden! Paul Gerhardt, 1667
Das waren andere Zeiten. Deswegen habe ich dieses Lied aus dem Gesangbuch (EG 371) noch nie gesungen.
Ich bin mir sicher, wir alle einen großen Fehler machen, wenn wir zu wenig Lob aussprechen und immer wieder in aller Bescheidenheit Zurückhaltung üben, uns nichts gönnen, keine bunten Klamotten anziehen und den anderen immer den Vorrang lassen. „Du sollst deinen Nächsten liebe – wie dich selbst! Steht auch in der Bibel.
Und: Niemand wird eine Lampe anmachen und sie unter eine umgedrehte Schüssel stellen! Die Lampe gehört oben auf den Leuchter und weil Ihr die Lampen seid, soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit alle sehen, wie gut ihr seid – und wie Ihr Gott dafür dankt, dass Ihr so seid.
Das ist kein Eigenlob.
Eine gesunde Mischung mit Freude am Leben, Interesse an den anderen, einem guten Selbstwertgefühl, aufrichtig „Ja“ zu sich sagen können, sich in Frage zu stellen, über sich lachen und dafür dankbar zu sein und den Dank an die „höhere Stelle“ weitergeben, das wünsche ich uns.
Herr,
Oft vergessen wir, dich in unsere Lebensentscheidungen einzubeziehen.
Immer wieder haben wir nicht genügend im Blick,
deine Schöpfung zu bewahren,
die du uns anvertraut hast.
So bitten wir:
Sieh uns unsere Unvollkommenheit nach.
Öffne unsere Augen
für die notwendigen Dinge unseres Daseins.
Lass uns unseren Alltag so führen,
dass du „Ja“ zu unserem Verhalten sagen kannst.
Lass uns im Wissen um deine Gegenwart
unser Leben gestalten in Ehe und Familie,
in Freizeit und Beruf, in Politik und Wirtschaft,
in Kirche und Gemeinde.
In Beziehung zu dir wird es uns möglich sein,
gute Wege zu finden für uns,
unsere Mitmenschen und unsere Schöpfung.
Herr, wir danken dir,
dass wir dich um deine Hilfe bitten dürfen,
heute und an jedem Tag, amen.