Predigt für den 2. Mai 2021

Hans Dieter Hüsch, Das Schwere leicht gesagt

Sonntag „Cantate“

( lateinisch: 2. Person Plural Imperativ: Singt! )

Apostelgeschichte 16, 23 – 36              Rodheim, 2. Mai 2021

Wir gehen ein Stück mit dem Apostel Paulus rückwärts.

Am letzten Sonntag war er schon in Athen. Wir begeben uns auf die Via Egnatia, die Hauptverbindungsstraße von Athen über Korinth, Thessaloniki, Philippi, Konstantinopel bis in den Vorderen Orient.

In Philippi halten wir an. Philippi war eine kleine Stadt unter römischer Besatzung. Was war damals passiert?

Paulus und sein Begleiter Silas waren auf Missionstour.

Weil es in Philippi keine Synagoge gab, gingen sie herunter zum Fluss. Dort waren die Frauen und wuschen die Wäsche
und hatte dabei einen regen Gesprächsaustausch. Paulus und Silas hatten Erfolg. Sie tauften eine Menge Leute und trieben sogar einer Wahrsagerin den Wahrsagegeist aus.

Als die „Manager“ der Wahrsagerin erkannten, dass Paulus und Silas ihnen das Geschäft ruiniert hatten, schleppten sie Paulus und Silas auf den Marktplatz vor die Stadtrichter. „Das sind Juden und die mischen bei uns auf!“ Also kamen Paulus und Silas gleich ins Gefängnis, sie konnten nicht einmal etwas zu ihrer Verteidigung sagen, obwohl sie römisches Bürgerrecht hatten. Aber er hätte ihnen sowieso niemand zuhören wollen.

In der Nacht fingen sie, in der Zelle angekettet, an zu singen.

„Cantate“ ( lateinisch: 2. Person Plural Imperativ: Singt! )

Es muss so toll geklungen haben, dass die anderen Gefangenen lauschten! Niemand brüllte, weil es doch Nacht war und man lieber schlafen wollte, wenn es schon einmal im kalten Gefängnis ging.

Paulus und Silas begannen ύμνουν τον θεόν, Lobeshymnen auf Gott zu singen!

Sie hatten einen Riesenerfolg, obwohl hier ein Missverständnis auf das andere traf:

Vor der Verhaftung wurden sie nicht einmal angehört und dann stimmte eigentlich gar nichts mehr:

Der Gefängniswärter verschläft seinen Job, da musste dann schon etwas kräftigeres kommen, also ein Erdbeben, bei dem niemand zu Schaden kommt, die Zellentüren gehen auf und niemand rennt weg, und am Ende wäscht der Gefängniswärter den beiden auch noch die Wunden aus!

In dieser Geschichte treffen einfach nur gute, normale und böse Selbstverständlichkeiten zusammen und alle, die es trifft, können neu, anders darauf reagieren, als sie es durch ihr Leben gewohnt sind. Sie sind bereichert durch die Begegnung mit Etwas, was Ihnen bis dahin fremd war.

Sie wurden bereichert durch Menschen, die von einem „christlichen Geist“ getrieben wurden. Das war etwas Besonderes. Bei uns schein das manchmal auch durch. Bestimmt nicht sooo erfolgreich wie hier bei Paulus und Silas im Gefängnis von Philippi. Aber es gibt es . noch. Und immer wieder.

Guter Gott,

wir merken den Widerspruch:

An dem Sonntag, der uns zum Singen einlädt,

dürfen wir es nicht: gemeinsam singen.

Wir bitten dich für die Menschen,

denen heute nicht nach Singen zumute ist,

für alle, deren Herz voller Trauer ist

für alle, die sorgenvoll in die Zukunft blicken und nicht wissen, wie es weitergehen soll,

für alle, die Ungerechtigkeit erfahren,

für alle, deren Zweifel größer sind als der Glaube an dich Herr, unser Gott, du gibst Grund zur Freude, zum Jauchzen, zum Fröhlichsein.

Lass uns mit hineingenommen werden in dein segensreiches Handeln,

amen.

Im Übrigen meine ich, dass Gott uns alle schützen möge auf unserem langen Weg zur Versöhnung mit allen Menschen und mit allen Völkern.

Er möge uns bewahren und pflegen mit seiner allumfassenden Güte. Alle unsere Wunden an Leib und Seele, die wir uns ständig antun, möge er mit seiner einzigartigen Kraft in Zeichen der Reife und Weisheit verwandeln.