Predigt für den 20. September 2020


 
 
Lukas 19, 1 – 10 Zachäus
 
Das ist ohne Frage die Lieblingsgeschichte vieler Grundschullehrerinnen. Unsere Tochter hatte ihn vier mal gemalt. Und als ich ihre Klasse in Reli übernommen hatte und fragte, was sie denn gern hören möchten, riefen alle: „Bloß nicht wieder den Zachäus!“
Die Kinder malen meistens einen Baum
und fast alle Lehrerinnen müssen Ängste aussehen,
dass ihnen der Zachäus nicht vom Baum auf den Schreibtisch fällt.
Wie malt man eigentlich einen Maulbeerfeigenbaum?
Vielleicht war kein anderer da, damals. Keine Eiche.
Kein OlivenbaumStabil ist er ja, wenn er groß ist.
 Man verwendete ihn als Bauholz für Decken und Dächer.
Die Früchte sind nicht so aromatisch wie die “echten“ Feigen und waren als „Nahrung der Armen“ bekannt,
wie bei uns früher die Schwarzwurzeln:
Das war der „Spargel der armen Leute“.
 
Zachäus, der “Reiche“, der alles hat, steigt auf einen Baum, der standesgemäß eher unter seinem Niveau ist
und erlebt damit das Größte in seinem Leben?
 
Ist das ein Zufall
Oder hat das was zu bedeuten?
 
Zachäus hat viel Vermögen, also er ist reich
 und er engagiert sich sozial
und lässt sich dabei nicht lumpen.
 
Aber
er wird dafür nicht anerkannt.
Den schlechten Ruf als Zollbeamter wird er einfach nicht los.
Und da kommt er nicht raus.
„Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu“
Ödön von Horvath, wir kennen diesen Satz von, wie sie oft am Anfang der Passionszeit im Schaukasten hängen:
 
Ein Elefant, der eine Federboa trägt,
und wir lächeln,
weil es uns ja nicht betrifft,
oder doch?
Jesus sieht den Zachäus.
Und was sieht er an dem Typ?
Sieht er den Zachäus, wie alle anderen über ihn denken
Oder sieht er den, der sich nicht zufrieden gibt mit dem,
was die anderen über ihn denken?
Oder sieht er in Zachäus etwas,
was er noch werden kann?
 
Was sehen wir in einem Menschen?
Das, was wir sehen wollen. Also: Der war immer schon blöd.
der bleibt das auch.
Es ist einfach fatal, wenn Menschen
in dem, was sie tun und was zugleich über sie getratscht wird,
sich selbst einsperren
und einsperren lassen.
 
Dabei wäre alles doch viel leichter, wenn wir einen Menschen nicht auf das, was er war oder was er ist,
festlegen.
Wir könnten doch mit etwas rechnen, was noch gar nicht
eingetreten ist,
und somit
einen „Raum“ für Veränderung schaffen.
 
Du mit deinen schönen Ideen vom Schreibtisch im Pfarrhaus.
 
dann holen wir uns das jetzt ganz nah an uns:
 
Alle Papas mal herhören!
Und alle Mamas!
Und alle Opas und Omas!
Es ist schon länger her und einige Papas und Mamas haben es noch vor sich:
Wenn der Papa
Oder die Mama zu ersten Mal
Mit dem kleinen Kind – vier Jahre oder so
Übt,
wie das mir dem Fahrrädchen wohl gehen soll,
dann sagt keine Mama und kein Papa:
Du Flasche! So wie Du dich anstellst,
kriegst du das nie hin!“
 
immer wieder anschieben und mitlaufen und loslassen und, wenn sie ins Eiern kommen 
auffangen, bevor sie sich wehtun.
 
jeder Papa, jede Mama träumt davon, dass sie alle zusammen schön weiterkommen, nicht nur mit dem Fahrrad.
 
Da kann und wird noch ganz viel wachsen.
Zachäus war halt ein Anfänger.
Und wir sind die Fortgeschrittenen.