Predigt für den 16. Mai 2021

Geben wir uns hin,

und geben wir uns auf, das heißt,

wir geben unsere eigenen kleinen Vorurteile,

die gar nicht so recht in Gottes Plan passen,

auf, und geben uns mit Demut dem anderen

Menschen hin.

Keiner erhebe sich über den anderen,

oder erniedrige sich unter den anderen.

Keiner kommt auf den Gedanken,

er sei schlechter oder besser,

wichtiger oder wertloser als der andere, keiner.

 

Aus: Hans Dieter Hüsch, Das Schwere leicht gesagt

 


Apostelgeschichte 13 Paulus in Paphos

Paphos. Noch nie gehört? Ich auch nicht. Ein Ort an der Südküste von Zypern. Damals war Paphos dafür bekannt, dass hier die Göttin der Liebe, Aphrodite verehrt wurde, die bei den Römern Venus hieß. Der Venustempel war ein paar Kilometer vom Hafen entfernt. Wenn junge Frauen heiraten wollten, mussten sie der Göttin der Liebe ein Opfer darbringen. Das bedeutete: Sie gaben sich vor der Hochzeit im Venustempel einem fremden Mann hin. Das war dann eine „Heilige Handlung für die Göttin der Liebe“, durch die sich die Frauen reichen Kindersegen erhofften.
 

Ölbaumzweige
 

Paulus und sein Begleiter Barnabas kamen nach Paphos zum Prokonsul Sergius Paulus, der als verständiger Mann galt. Er musste sich wohl oft auf seiner Insel langweilen und deswegen hörte er dem Paulus gerne zu, und wennn was wohl ziemlich wahrscheinlich ist, Paulus ihm über die Liebe Gottes erzählte, hörte sich das ja ganz anders an als das, was man sonst gewohnt war. Der Prokonsul war wohl soo beeindruckt vom Apostel, dass sein Starzauberer Elymas, der dem Prokonsul sonst die Sterne deutete und auch einige magische Kunststücke auf Lager hatte, eifersüchtig wurde. Oder noch viel mehr: Der Zauberer Elymas befürchtete, dass Paulus seinen Einfluss beim Prokonsul gefährdete.

Elymas warnte seinen Herrn, er soll bloß nicht auf das Geschwätz von Paulus hereinfallen.

Aber da nahm Paulus kein Blatt vor den Mund und legte los:

„Du gerissener Betrüger, du Sohn des Teufels! Hör endlich auf, die geraden Wege des Herrn zu verdrehen! Du wirst schon sehen, ja genau: Bald wirst du die Sonne nicht mehr sehen!“, und im nächsten Moment sah der Zauberer nichts mehr. Er tappte herum und sucht nach jemandem, der ihn an die Hand nahm, wie Paulus selbst damals, vor Damaskus.

Das ist der schneidige Stil der Apostelgeschichte: Viele Abenteuer und Gefahren, aber alles geht gut und viele kommen zum neuen Glauben hinzu. Denn er Glaube bewirkt Wunder.

Wirklich?

Auf jeden Fall will Lukas mit seinem Bericht über den Paulus zeigen, dass der neue christliche Glaube etwas ganz anderes bietet als die antiken Zaubertricks oder Wahrsagekünstler. Natürlich dachten viele Menschen, Jesus sei auch einer von diesen Zauberern: Nur ein paar magische Beschwörungsworte und der Kranke ist wieder heil oder der Tote lebt weiter. Wie war das noch: den ganzen Tempel in Jerusalem zerstören und in nur drei Tagen wieder aufbauen?

Welcher Supermann schafft das schon?

Jesus zauberte nicht, auch wenn es auf den ersten Blick so aussah. Selbst wenn es ein Wunder gab, lag es daran, dass die Menschen, wenn sie Jesus begegneten, sich innerlich verwandelt haben. Und das war kein Hokuspokus, sondern eine Kraft, die von wirklichen Sorgen und Nöten der Menschen ausgeht und für die Menschen Hilfe findet.

Die Wahrsager, Zauberer und Sterndeuter hatten den Menschen den Kopf verdreht, sie manipuliert, abhängig gemacht wie Marionetten, die von einem anderen am Seil geführt werden.

Der Gott, von dem Paulus redete, zwingt ihnen nicht seinen Willen auf, sondern er verhilft ihnen dazu, sie selber zu sein, ohne auf Eigenständigkeit zu beharren, sondern sich ergreifen zu lassen. Paulus erzählt, was er mit Gott erfahren hat: Paulus wurde von sich zu sich erlöst.

Aber nicht durch sich, sondern durch Gott und dadurch, dass er sich diesem Gott nicht blockiert hatte.

Das war etwas völlig Neues und machte das Verhältnis zu den griechischen und römischen Göttern hinfällig. Ein Verhältnis, das nicht von Angst regiert wird oder von menschenunwürdigen Opfervorschriften.

Ein Verhältnis, das nicht von Misstrauen geprägt ist, sondern von Vertrauen.